Dani Daram Das war einer der reichsten Männer Indiens. Trotz seines Reichtums war er sehr liebevoll, aufrichtig und gottesfürchtig in all seinem Tun, und wer alle diese Tugenden in sich trägt, denkt ganz sicher an Gott. So hatte er begonnen, Gott auf traditionelle Weise zu verehren. Nun sieht die Meisterkraft, die über uns ist, wo ein Herz nach Ihm verlangt.

Darum ging Kabir zum Haus von Dani Daram Das. Als Er dort ankam, war dieser gerade dabei, vor seinen Götterstatuen aus Stein zu beten. Kabir hob die Götterfiguren nacheinander an und stellte fest: „Diese hier ist schwer, diese ist leichter und diese wieder etwas schwerer.“ Dani Daram Das sprach: „Wer seid Ihr, daß Ihr es wagt, mich in meinem Gebet zu stören?“ Doch als er sich umschaute, war in einem Augenblick niemand mehr zu sehen. Er dachte, eine gewisse Unwissenheit sei nun beseitigt.

Gott erschien ihm, um ihn auf seine Unwissenheit hinzuweisen, ansonsten wäre er mit dieser Unwissenheit erst nach seinem Tod konfrontiert worden. Kabir erschien ein weiteres Mal und verlangte nach Dani Daram Das, als dieser gerade sein Essen einnahm. Seine Frau sagte zu dem alten Mann: „Er ißt gerade und wird in einer Weile zu euch herunterkommen.“ Doch Kabir verlangte abermals nach Dani Daram Das. Seine Frau sprach: „Ihr seid ein Sünder, ihr wißt nicht, wie man sich benimmt, wenn man ein (fremdes) Haus betritt.“ Kabir erwiderte: „Nicht ich bin der Sünder, ihr seid Sünder, denn in eurer Küche verbrennen Insekten im morschen Feuerholz.“ In diesem Augenblick wurde sie sehr aufmerksam, denn sie pflegten das Holz zu waschen, bevor sie es verbrannten. Doch im Innern des morschen Holzes waren Tausende von Insekten, die mitverbrannten, das konnten sie danach in der Küche feststellen.
Dani Daram Das wurde sehr ärgerlich auf seine Frau: „Du hast dem alten Mann Unrecht getan; es war Gott, der zu uns kam“, und er bedauerte zutiefst ihr Verhalten. Seine Frau entgegnete: „Ein reicher Mann wie du braucht sich deshalb nicht zu sorgen, du kannst einige Yajnas abhalten (ein frommer Brauch, Sadhus, Heilige und Arme zu speisen). Es können viele Fliegen auf der Melasse sitzen.“ Und er begann damit, nur um diesen Heiligen zu sich zurückzuholen. Eine solche Kraft mag ständig an jemandes Seite sein, doch es kann sein, daß derjenige sie während seines ganzen Lebens nicht erkennt. Denn es liegt allein in Seiner Hand, jemanden zu entwickeln, ansonsten kann niemand sich selbst helfen. Nachdem sie viele Yajnas abgehalten hatten, gingen sie bankrott. Sie hatten nicht einmal mehr Geld für Essen. Ihre Aufmerksamkeit war vollkommen auf die richtige Sichtweise des Lebens konzentriert, so daß sie darüber ihre Geschäfte vergaßen. Um der Wahrheit willen wollten sie alles beenden. Kabir gab ihnen diese (dem Weltlichen) vollkommen entgegengesetzte Sichtweise.
Schließlich beschlossen sie beide, sich in den Fluß zu stürzen, um ihrem Leben ein Ende zu bereiten. Sie gingen zusammen zum Ganges, und als sie sich gerade ins Wasser stürzen wollten, erschien Kabir, faßte sie am Arm und fragte: „Wo geht ihr hin?“ „O Meister, jetzt, da wir nichts mehr zu essen haben, kommt Ihr, Ihr wäret besser früher gekommen, dann hätten wir auch Euch dienen können.“ Kabir sprach: „Diese Fliege setzt sich nicht auf die Melasse, sie kommt aus Desh.“ Desh bedeutet „aus der ewigen Heimat“. Später, nach der Initiation, fragte Dani Daram Das Kabir: „Woran liegt es, daß sich durch Eure Gnade unser Zustand so verändert hat?“ Kabir antwortete: „Zuvor war euer Zustand wie der eines Hundes, der im Spiegelkabinett wieder und wieder sein eigenes Spiegelbild anbellt ­– das war ein Zustand großer Unwissenheit.“ Er fuhr fort: „Euer Zustand war wie der eines Affen.“ – Der Affe umklammert den Ast sehr fest (wenn man ihn zu fangen versucht), er „hängt“, in jedem Sinn des Wortes, an dem Ast, denn er glaubt, der Ast wird ihn nie verlassen. Und Er sagte weiter: „Ihr wart wie der Löwe. Wenn er sein Spiegelbild im Brunnen sieht, springt er hinein und verliert dort sein Leben. So war euer Zustand, er war so aufgrund eurer Unwissenheit.“ Der Mensch begeht diese Dinge durch seine Unwissenheit, und deshalb ist er an die Welt gebunden. Wenn ihr alles mit richtigem Verstehen tut, gibt es kein Problem. Alles wird so klar werden, wie man es sich nur denken kann. Im Licht der Sonne erscheint alles in seinem ursprünglichen Zustand. Mit richtigem Verstehen können wir unsere Schwächen beobachten und uns selbst helfen, sie zu überwinden.

Aus einem Vortrag von Dr. Harbhajan Singh

Go to top